Immersive City Scripts: Inscriptions and the Construction of Social Spaces in Miletus (Asia Minor) (DFG)
Das Projekt beschäftigt sich mit der Frage, wie Inschriften den öffentlichen Raum in Milet während der römischen Kaiserzeit strukturierten. Inschriften sind ein vergleichsweise komplexes Medium: Die Wahrnehmung von Inschriften wird durch ihre formale Gestaltung, ihr Material oder ihre Platzierung ebenso beeinflusst wie durch ihren Text. Das Spektrum entsprechender Zeugnisse reicht von geritzten Graffiti an der Wand bis hin zu detaillierten Ehreninschriften auf eigens dafür gefertigten Inschriftenträgern und den monumentalen, kaiserzeitlichen Buchstaben, die sorgfältig auf die Fassaden von Gebäuden gemeißelt wurden. Sogenannte Topos-Inschriften (altgriechisch für Ort) markierten Verkaufsstände auf der Straße oder Sitzplätze im Theater und bezeugen damit die Anwesenheit verschiedener sozialer Gruppen im öffentlichen Raum. Die Verteilung der Inschriften und ihre Gestaltung offenbart räumliche Konstruktionen, die auf konkurrierende Akteure und Akteursgruppen zurückzuführen sind.
In diesem Projekt werden sämtliche in Milet in situ erhaltenen oder bestimmten Orten zuzuweisenden Inschriften in ihrem räumlichen Kontext mithilfe von verschiedenen Methoden (Zeichnung, Fotografie, Laserscanning und 3D-Visualisierung in virtueller Realität (VR)) dokumentiert und hinsichtlich der oben genannten Fragestellung analysiert. Dichte epigraphische Räume, wie das Theater von Milet, werden digital rekonstruiert. Ein detailliertes, maßstabsgetreues 3D-Modell des Theaters wird auf Grundlage der Laserscan- und Photogrammetriedaten erstellt. Darüber hinaus werden ehemalige Strukturen wie der dritte Rang sowie die erste und zweite römische Bühne digital rekonstruiert. Das virtuelle Theater von Milet wird ein interaktives Erlebnis für VR-Headsets wie die Meta Quest 2 sein, das es den Nutzern ermöglicht, die Inschriften in ihrer Räumlichkeit zu erleben und zu erforschen. Das Projekt dient zum einen als Fallstudie zur griechisch-römischen Periode, und zum anderen als Beispiel für den transkulturellen und diachronen Vergleich von Inschriftenräumen, wobei Perspektiven und Methoden der klassischen Archäologie, der Alten Geschichte und der Mensch-Computer-Interaktion einbezogen werden.
Weitere Informationen und Visualisierungen finden Sie auf der Projektwebseite.
- Doktorandinnen: Ann Lauren Osthof und Jenny Gabel
- Kooperationspartner für Photogrammetrie und 3D-Scanning: Prof. Ing. Michael Breuer (Berliner Hochschule für Technik), Felix Neupert, Johannes Neis
- Dauer: 2019-2023
- Projektleitung: Prof. Dr. Christof Berns, Prof. Dr. Kaja Harter-Uibopuu, Prof. Dr. Frank Steinicke
- Drittmittelgeber: DFG (Exzellenzcluster »Understanding Written Artefacts« an der Universität Hamburg (UWA-RFB02))