Humeitepe
Der Humeitepe ist der nördlichste Hügel im milesischen Stadtgebiet. In der Bronzezeit (etwa 4000-1500 v. Chr.) war der Humeitepe noch eine Insel, aber etwa ab der geometrischen (1050-700 v. Chr.) bis in die archaische Zeit (700-490/480 v. Chr.) bildete er den nordöstlichen Ausläufer der milesischen Halbinsel. Er war ab dieser Zeit durch einen schmalen Übergang mit dem übrigen Stadtgebiet verbunden und flankierte den Löwenhafen nach Norden.
Der antike Name des Hügels bleibt unbekannt und die sprachliche Herkunft (Etymologie) der heutigen Ortsbezeichnung ist unklar. Eine Vermutung ist, dass der Name von hümayun kommt. Das Wort stammt ursprünglich aus dem Persischen, wird aber auch im Türkischen verwendet. Es bedeutet heilig, göttlich, gesegnet oder der Padischah / dem Sultan gehörend. Das Wort ist auch mit dem Huma-Vogel verbunden, einem legendären und mythischen Wesen in der türkischen Folklore, von dem es heißt, dass es niemals den Boden berührt. Es wird spekuliert, dass sich der Name auf einen Palast bezieht, der im Mittelalter auf dem Humeitepe gestanden haben könnte. Die erhöhte und herausragende Lage hätte einen weiten Blick auf Balat und sein Umland ermöglicht. Ein Gebäude an einem solchen Standort könnte dem Emir oder seinem Statthalter als Residenz gedient haben. In den osmanischen Registern wird auch tatsächlich ein Bezirk namens Hümayun erwähnt. Eine weitere Interpretation ist, dass der Name aus dem osmanischen stammt und „Typhus-Hügel“ bedeutet, jedoch lässt sich dies bisher nicht mit weiteren Quellen verbinden. Verschiedene Schreibweisen des Namens waren über die Zeit hinweg in Gebrauch, z.B.: Home Tepe, Humeitepe oder Humeytepe.
Auf dem Rücken des Humeitepe muss man zu jeder Zeit einen schönen Blick auf den Golf – sowie nach der Verlandung die Mäanderebene – und die umliegende Landschaft von der Mykale (heute Samsun Dağı oder Dilek Dağları) bis zum Latmos (heute Beşparmak Dağları) gehabt haben. Nach Süden lagen auch das Stadtzentrum und der Kaletepe sowie die weiter entfernt gelegenen Hügel Kalabaktepe, Değirmentepe und Zeytintepe im Blickfeld.
Durch die geophysikalische Prospektion ist der Verlauf der antiken Straßen auf dem Humeitepe sehr gut bekannt. Bisher wurden zwei Thermenanlagen (die Humeitepe-Thermen und die Thermen am Osthafen), die Stadtmauer und ein Tor am Osthafen sowie ein ganz an der nördlichen Spitze befindliches Heiligtum ausgegraben und erforscht. Die Ergebnisse eines neuen Surveys und der geophysikalischen Prospektion zeigen, dass es sich bei dem Humeitepe mindestens in der hellenistischen Epoche (330/320-31 v. Chr.) um einen dicht besiedelten Teil des Stadtgebietes gehandelt hat. Das Demeter-Heiligtum und viele weitere Funde deuten darauf hin, dass der Hügel ab der klassischen Zeit (490/480 – 330/320 v.Chr.) ein Teil der Siedlung war. Aus der byzantinischen Zeit (etwa 300-13. Jh. n. Chr.) ist kaum etwas bekannt, allerdings konzentrieren sich an den südlichen Hängen des Hügels einige mittelalterliche Gebäude, wie das Tekke, die Mescid am Humeitepe und der Han am Löwenhafen. Zahlreiche weitere Mauern und ein Friedhof zeugen vom Leben im mittelalterlichen Balat, in dem wenigstens der südliche Teil des Humeitepe einen wichtigen Platz einnahm.
Text: Lisa Steinmann