Han am Humeitepe
Neben der Kervansaray gab es in Balat einen zweiten Han, der am südlichen Ausläufer des Humeitepe und teilweise im früheren Löwenhafen liegt. Zeitweise wurde die Ruine „Pireli Han“ (dt. Han voller Flöhe, oder argwöhnischer Han) genannt, was jedoch ein moderner Name sein muss. Hane dienen einem Ort als Standort des Bazars oder auch als Gasthaus für Reisende. Typisch für einen Han sind offene Innenhöfe, um die sich ein- oder mehrstöckig viele kleine Räume oder große Hallen gruppieren. Dies ist auch bei dem Han am Humeitepe der Fall, von dem jedoch nur die südwestliche Hälfte bekannt ist, da über dem nordöstlichen Teil Schutt liegt. Die Gewölbe in einem Teil des Hans sind noch intakt. Noch heute werden die nördlichsten Räume zeitweise von einem Kuhhirten als schattenspendender Unterstand für seine Herde genutzt.
Das ganze Gebäude muss etwa 33 x 29m groß gewesen sein und besaß einen Innenhof von 16,50 x 21m Größe. Die kleineren Räume im südlichen Bereich könnten als Unterkunftszimmer gedient haben, während die große Halle im Westen wohl als Lagerraum zu sehen ist. Eine schmale Treppe an der östlichen Innenwand führte vom Hof auf das Dach des einstöckigen Gebäudes. Lange wurde vermutet, dass der Han als Umschlagplatz für Waren zwischen dem Schiffs- und Landverkehr diente. Der Löwenhafen müsste hierfür noch im 16. Jh. n. Chr. mit dem Mäander durch einen Kanal verbunden gewesen sein. Geoarchäologische Untersuchungen deuten darauf hin, dass spätestens ab dem 7. Jh. n. Chr. sehr starke Verlandungsprozesse einsetzten. Im alten Becken des Löwenhafens wurde jedoch die Pulverkammer eines Schiffsgeschützes aus dem 15. Jh. n. Chr. geborgen, weshalb der Bereich wenigstens teilweise schiffbar gewesen sein muss. Auch heute steht das Becken im Frühjahr regelmäßig unter Wasser.
Aufgrund architektonischer Merkmale ist der Han am Löwenhafen bzw. am Humeitepe früher als die Kervansaray einzuordnen. Wahrscheinlich ist ein Bau in der ersten Hälfte des 14. Jh. n. Chr. Wie bei vielen Gebäuden dieser Zeit bestehen die Mauern aus zahlreichen wiederverwendeten Steinen (Spolien) und Ziegeln. Über den Namen des Hans im Mittelalter ist derzeit nichts bekannt.
Text: Lisa Steinmann
Literaturhinweise
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K. Wulzinger, Das islamische Milet, Milet 3,4 (Berlin 1935)
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A. Durukan, Menteşe Beyliği Zamanında Balat (Antik Miletus / Palatia), in: H.B. Konyar – N. Yavuzoğlu-Atasoy (Hrsg.), Beylikler Dönemi Kültür ve Sanat, Sanat Tarihi Derneği Yayınları 9 (Istanbul 2014) 83–134