Stadion
Südwestlich der Theaterbucht, in direkter Nähe zur Palästra der Faustinathermen, befinden sich die Überreste des Stadions, die heute von einer Pflasterstraße durchkreuzt werden. Bei der Errichtung des Bauwerks im 2. Jh. v. Chr. wurde die natürliche Geländesituation berücksichtigt: Die südliche Tribüne wurde dem Gefälle eines flachen Hügels angepasst, während für den nördlichen Zuschauerraum eine Terrassierungsmauer errichtet und Erdmaterial aufgeschüttet werden musste, um das nötige Gefälle von Tribüne zu Rennbahn zu erreichen. Die Abschlussmauern des Zuschauerraums bestanden aus bossierten Marmorquadern. Über einen ca. 2 m breiten Durchgang konnte eine Treppe erreicht werden, die zu den oberen Sitzreihen führte. Da einige der Sitzstufen des Zuschauerraums an ihrem ursprünglichen Aufstellungsort gefunden wurden, lässt sich zumindest der nördliche Teil der Tribüne gut rekonstruieren. Ursprünglich hatte man es wohl mit 20 Sitzreihen zu tun, hinter denen ein Gang von ca. 4 m Breite verlief. Das Fassungsvermögen der gesamten Anlage wird auf etwa 14.400 Sitzplätze geschätzt. Basen, die den Start- bzw. Endpunkt der Rennbahn markierten, ermöglichten es zudem, die Länge der Laufstrecke des Stadions recht genau auf 191,4 m zu berechnen. Im frühen 3. Jh. n. Chr. erhielt das Stadion einen prunkvollen Torbau mit zweimal acht Säulen, der es im Osten abschloss.
Während nordöstlich an das Stadion die Palästra der Faustinathermen anschloss, lag westlich ein Gymnasion, das wahrscheinlich um die Mitte des 2. Jh. v. Chr. durch König Eumenes II. von Pergamon (197–159 v. Chr.) gestiftet worden war. Die Anlage fungierte mit ihren Säulenhallen von insgesamt ca. 190 m Länge – also etwa einem Stadion – vermutlich als Übungsplatz für das Lauftraining.
Text: Nadia Cahenzli
Literaturhinweise
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A. von Gerkan, Das Stadion, Milet 2,1 (Berlin 1921)
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M. Stubenrauch, Unterhaltungsarchitektur im Kontext kleinasiatischer Städte. Das Stadion in römischer Zeit zwischen Sport und Spektakel (Mag. Ludwig-Maximilians-Universität München 2006) 87–91
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B. Emme, in: P. Niewöhner (Hrsg.), Milet / Balat. Städtebau und Monumente von Archaischer bis in Türkische Zeit. Ein Führer (Istanbul 2016) 111–114