Markttor
Zu den bekanntesten Bauten Milets gehört das Markttor, das heute in Rekonstruktion im Berliner Pergamonmuseum aufgestellte ist. An seinem ursprünglichen Standort am südlichen Ende der Prachstraße im Herzen des Stadtzentrums von Milets ist heute nur noch der Sockel des Torgebäudes zu sehen.
Die Bauglieder des Markttors, vor allem Gebälk- und Gesimsteile des Obergeschosses und Giebelteile, heben sich durch ihren guten Erhaltungszustand hervor und erlaubten eine Rekonstruktion der Anlage. So wurden diese Glieder nach der Freilegung im Rahmen der offiziellen Fundteilung mit Genehmigung der osmanischen Behörden ausgeführt und nach Berlin verbracht. Lediglich der marmorne Stufenunterbau und der Kalksteinsockel wurden am Fundort belassen.
Der rekonstruierte Bau zeigt ein zweistöckiges, etwa 16 Meter hohes Tor mit zwei kleinen seitlichen und einem großen zentralen Durchgang, welches den monumentalen Zugang an der Nordseite des Südmarktes bildet. Im oberen Geschoss wurden die Bereiche der Durchgänge durch Nischen angedeutet. Mehrere auf einem Podest stehende Säulen gliederten die Front.
Die Ausgrabungen im Fundamentbereich zeigen, dass es einen hellenistischen Vorgänger gegeben hat. Dieser war auf einen mittig auf der großen Platzanlage der Agora gelegenen Altar ausgerichtet. Neben seiner Funktion als Durchgang und Zugang zum Südmarkt diente das Markttor auch als Gewerbefläche für Händler. Belegt wird dies durch Inschriften am Podium und in der Torrückwand, welche einen Attalos aus Ephesos und einen Barbier mit dem Namen Achilleus nennen.
Die Bedeutung der Toranlage und die intensive Nutzung der damit verbundenen Platzanlagen sind besonders an dem stark abgelaufenen Stufenunterbau abzulesen. Eine im angrenzenden Südmarkt gefundene Inschrift legt den Schluss nahe, dass das Tor im Auftrag eines wohlhabenden Privatmannes errichtet wurde.
In der Vergangenheit erfuhren das Markttor und seine architektonische Gestaltung intensive Beachtung. Durch Vergleiche von Stil und Form der Gestaltung des Baus mit weiteren Monumenten aus dem kleinasiatischen Raum konnte die Erbauung zwischen Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. und dem Anfang 2. Jahrhundert n. Chr. datiert werden. Bereits in der zweiten Hälfte des 2. Jh. n. Chr. musste der Bau durch Stützpfeiler gesichert werden. Als Grund dafür kommen Erdbeben oder ein instabiler Untergrund in Frage.
In byzantinischer Zeit (etwa 5. – 15. Jh. n. Chr.) wandelte sich die Funktion des Markttores zu einem Wehrtor, nachdem es in die neu angelegte Befestigungsmauer eingefügt wurde. Sein Ende fand das Tor schließlich nach Erdbeben, durch die es einstürzte und in Folge mit Wohnhäusern überbaut wurde.
Nach Untersuchungen der verwendeten Materialien wurde festgestellt, dass der Marmor des Baus aus Steinbrüchen am Bafa-See bei Herakleia am Latmos stammt. Des Weiteren kann anhand einiger Spuren antiker Farbpigmente auf eine intensive farbige Fassung geschlossen werden. Zudem war das Markttor mit Skulpturen ausgestattet. Darunter sind zwei rundplastische Kolossalstatuen, welche eine Panzerstatue des Kaisers mit unterworfener Barbarin und einen nackten Heros mit Füllhorn zeigen. Sie flankierten vermutlich den mittleren Durchgang. Die Skulpturen sind heute ebenfalls im Berliner Pergamonmuseum ausgestellt und repräsentieren vor allem Sinnbilder der Militärischen Stärke des Kaisers und den Wohlstand des Reiches.
Text: Marieke Bohn
Literaturhinweise
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H. Knackfuss, Der Südmarkt und die benachbarten Bauanlagen. Mit epigraphischem Beitrag von A. Rehm. Milet 1,7 (Berlin 1924)
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M. Pfanner – J. Pfanner – A. Fendt – S. Langer – L. Reichenbach – M. Maischberger, Forschungen im Sumpf. Neue Untersuchungen zum Markttor und zur Agora in Milet, AW 36, 2005, 81–85
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M. Maischberger, in: P. Niewöhner, Milet / Balat. Städtebau und Monumente von archaischer bis in türkische Zeit. Ein Führer (Istanbul 2016) 81-85