Hellenistisches Peristyl
Im Bereich zwischen Nord– und Südmarkt findet sich eine große, von Säulenhallen umgebene Platzanlage, die gemeinhin als Hellenistisches Peristyl angesprochen wird. Während im Osten die Ionische Halle und im Norden die Thermen des Capito direkt an die Platzanlage anschließen, existiert kein direkter Zugang zu den benachbarten öffentlichen Bauten. Klar mit Mauern abgegrenzt und umrissen bildet das Hellenistische Peristyl demnach einen eigenen abgeschlossenen Raum, dessen Funktion bis heute nicht abschließend geklärt ist.
Die Rekonstruktion des Grundrisses der Platzanlage mit ihrer rahmenden Bebauung basiert vor allem auf teilweise freigelegten Fundamentmauern. Über die architektonische Ausgestaltung geben Bauteile, die in einer nahen byzantinischen Mauer wiederverwendet worden sind, genauere Auskunft. Das Hellenistische Peristyl bestand demnach aus einer auf allen vier Seiten von Säulenhallen umstandene Platzanlage, die im Süden durch eine Vorhalle bzw. einen verschließbaren Torbau betreten werden konnte. Im Norden schließen einige Räume unbestimmter Funktion an die Kolonnaden an. Interessant ist die auf der Nordseite vorherrschende Abweichung der Säulenhalle in Dimension und architektonischer Gestalt: Während die Platzanlage auf drei Seiten von niedrigeren Hallen dorischer Ordnung gerahmt wird, findet sich im Norden ein ungleich größeres Ensemble ionischer Ordnung, dass die angrenzenden Säulenhallen überragt haben muss.
Bald nach seiner Entdeckung und Freilegung wurde das mysteriöse Hellenistische Peristyl als Gymnasion bzw. Sportanlage interpretiert und publiziert. Heute ist diese Deutung jedoch weitgehend wiederlegt und es wird eine eher behördliche oder administrative Funktion angenommen. Denkbar wäre beispielsweise die Unterbringung eines politischen Gremiums oder eines Gerichts an dieser Stelle. Spannend ist in diesem Kontext der verschließbare Durchgang durch ein einzelnes Tor im Süden, dass dem Hellenistischen Peristyl eine Aura der Exklusivität und Abgeschlossenheit gegenüber dem umliegenden öffentlichen Stadtraum verleiht. Möglicherweise erhielten nur bestimmte wichtige Persönlichkeiten Zugang zur Platzanlage, um dort unter Ausschluss der allgemeinen Öffentlichkeit bestimmten Tätigkeiten nachzugehen. Aufgrund stilistischer Untersuchung der zugehörigen Bauornamentik und deutlichen Parallelen zur Bauornamentik des Bouleuterions, wird das Hellenistische Peristyl an den Beginn des 2. Jh. v. Chr. datiert. Zu dieser Zeit muss die Platzanlage noch freigestanden haben, während schließlich im 1. Jh. n. Chr. die angrenzende Ionische Halle und die Thermen des Capito errichtet wurden. In byzantinischer Zeit wurde die Platzanlage vermutlich aufgegeben, was die Funde wiederverwendeter Architekturteile des Gebäudes in einer nahen byzantinischen Mauer belegen können.
Text: Fabian Sliwka
Literaturhinweise
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von Gerkan – F. Krischen, Thermen und Palaestren, Milet 1,9 (Berlin 1928) 1–22
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B. Emme, Peristyl und Polis. Entwicklung und Funktionen öffentlicher griechischer Hofanlagen, Urban Spaces 1 (Berlin 2013) 113–118
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B. Emme, in: P. Niewöhner, Milet/Balat (Istanbul 2016) 78–79