Bischofspalast
Am westlichen Rand des Stadtzentrums liegt dicht vor dem Anstieg des Kaletepe (auch Theaterhügel genannt) eine Insula mit reicher Bebauungsgeschichte. Während die südliche Hälfte des Wohnblocks schon in hellenistischer Zeit vom Dionysostempel besetzt wurde und dieser sukzessive in byzantinischer Zeit der Michaelskirche weichen musste, besteht über die frühen Bauphasen in der nördlichen Hälfte der Insula keine Klarheit. Sicher ist, dass hier in spätrömischer Zeit ein großes Peristylhaus (ein Wohnhaus mit großem Innenhof) entstand, das in der weiteren Folge zu einer byzantinischen Residenz, dem sog. Bischofspalast ausgebaut wurde.
Die noch heute an Ort und Stelle sichtbaren und mit großen Mosaiken ausgestatteten Räume deuten an, dass hier einst eine einflussreiche Person residierte, die ihren Grundbesitz sogar auf die angrenzenden Straßen erweitern und diese überbauen durfte. Dass diese Person als Bischof benannt und damit namensgebend für die Residenz wurde, liegt vor allem an der unmittelbaren Nachbarschaft zur Michaelskirche, den architektonischen Eigenheiten des Gebäudes und schriftlichen Quellen.
Den Kern des Bischofspalastes bildet ein großer zentral gelegener Saal mit Marmorfußboden an welchen auf beiden Langseiten eine Vielzahl verschieden gestalteter Räume anschließen. Die Ausgrabungen und das resultierende Fundmaterial datieren seine Entstehung ins 5. Jh., sodass in dieser Zeit mit dem Aus- und Umbau des spätrömischen Hauses zur Residenz begonnen worden sein muss. Bemerkenswert ist, wie bei der Entstehung des Palastes die Strukturen des älteren Peristylhauses in bestimmten Bereichen überbaut und in anderen Fällen - beispielsweise die nördlichen Räume mitsamt ihren Mosaiken - in die neue Residenz integriert wurden. Interessant ist zudem die Aufgabe des Innenhofes (Peristyls) zugunsten eines Saales. Dieser eher ungewöhnliche Vorgang beim Bau eines byzantinischen Stadthauses kann vor dem Hintergrund einer Interpretation als Bischofssitz mit eher repräsentativem Charakter erklärt werden. In byzantinischer Zeit wurde schließlich der Westseite der Residenz ein lang gestreckter Apsidensaal vorgesetzt, der nun als repräsentativer Zugang zum großen Saal fungiert haben dürfte. Auch dieser wurde mit aufwendigen Bodenmosaiken ausgeschmückt.
Text: Fabian Sliwka
Literaturhinweise
-
W. Müller-Wiener, Milet 1987. Untersuchungen im Bischofspalast in Milet (1977–1979), IstMitt 38, 1988, 279–290
-
P. Niewöhner, Der Bischofspalast von Milet. Spätrömisches Peristylhaus und frühbyzantinische Residenz, AA 2015/2, 181–273
-
P. Niewöhner, Milet/Balat (Istanbul 2016) 49–50