Capitothermen
Bei den Capitothermen handelt es sich um eine römische Badeanlage. Eine Stifterinschrift gibt preis, dass es sich bei dem Bauherren um den als hochrangigen römischen Ritter aus Milet bekannten Cnaeus Vergilius Capito handelt, welcher unter Kaiser Claudius (41 – 54 n. Chr.) Statthalter der Provinz Asia wurde. Somit können die Capitothermen um die Mitte des 1. Jh. n. Chr. datiert werden.
Der öffentliche Gebäudekomplex ist von Westen durch die Hallenrückwand der Ionischen Halle, sowie von Norden und Süden aus zugänglich. Alle drei Zugänge führten in die sogenannte Palästra, wobei es sich um einen vorgelagerten Säulenhof für sportliche Übungen handelte. Die Palästra bestand aus einem 40 m breiten und 38 m langen, von Säulen eingeschlossenen Hof (Peristyl). An der Ostseite des Peristyls befand sich ein halbrundes Schwimmbecken (die sog. Natatio). An das Schwimmbecken schloss sich nach Osten hin eine zweigeschossige Schaufassade an. Ihre Ornamentik zeichnet sich durch eine sogenannte Tabernakelfassade aus, bei der jeweils zwei Säulen von einem Giebel zu Tabernakeln zusammengefasst sind, sowie durch den gesprengten Giebel, bei welchem es sich um einen offenen Giebel handelt, der aufgrund des breiteren Säulenabstandes in der Mittelachse der Fassade entsteht.
Hinter der Tabernakelfassade befand sich der eigentliche Badekomplex. Durch eine Tür in der Mitte der Tabernakelfassade gelangte man zunächst in den Warmbadetrakt, beziehungsweise in einen quadratischen Raum, bei dem es sich entweder um eine Vorhalle (Vestibül), eine Thermenhalle oder einen Umkleideraum (Apodyterium) handelte. Bei den beiden Räumen, die jeweils nördlich hiervon liegen und auch vom Peristyl aus betretbar waren, könnte es sich ebenfalls um Umkleideräume gehandelt haben. In derselben Achse wie der zuvor genannte Raum lagen noch zwei weitere große Säle. Der erste, welcher auch als westlicher Hypokaustensaal angesprochen wird, besaß mehrere Wandnischen. Vermutlich befanden sich dort Wasserbecken oder es wurden Statuen in ihnen aufgestellt. Sowohl nördlich als auch südlich des westlichen Hypokaustensaals lagen zwei weitere kleinere Hypokaustensäle. Der südliche von beiden besaß eine Verbindung zu einem Umkleideraum, weshalb in diesem Saal nur eine mäßige Beheizung vermutet wird. Wenn dies der Fall ist, dann würde es sich bei diesem Raum um ein sogenanntes Tepidarium oder Unctuarium handeln, einen Übergangsraum vom wärmeren Hypokaustensaal zu dem ungeheizten Umkleideraum.
Der zweite, östliche und größere Hypokaustensaal wird als Caldarium bezeichnet. Auch er wies mehrere Nischen auf. In den meisten von ihnen befanden sich Warmwasserbecken, in denen die Besucher*innen sitzend baden konnten. In einer weiteren südöstlichen Nische führte ein Durchgang zu einem tiefergelegenen, mit einem Hypokaustenboden ausgestatteten Warmwasserbecken. Durch eine südwestliche Nische konnte man einen Rundraum, das sogenannte Laconicum, betreten, in dem sich ein weiteres Warmwasserbecken befand. Bei einem Laconicum handelt es sich um den wärmsten Raum einer Thermenanlage, welcher als Schwitzbad diente. Somit verfügten die Thermen über mehrere Warmbadetrakte (Tepidaria und Caldaria), jedoch nicht über die sonst allgemein üblichen Kaltbaderäume (Frigidaria).
Wie auch in heutigen Thermen, besaß der Gebäudekomplex mehrere Heizgänge und Serviceräume, die die Besucher*innen nicht zu Gesicht bekamen. Unter anderem befanden sich in ihnen Wasserreservoirs. Zunächst wurden die Reservoirs des Badekomplexes über Schöpfbrunnen gespeist. Erst ab dem Bau des Nymphäumaquädukts im Jahr 79/80 n. Chr. wurden die Thermen mit den Stadtaquädukten verbunden.
Eine Besonderheit der Capitothermen ist, dass es sich um den ersten Thermen-Gymnasion-Komplex mit einem achsensymmetrischen Plan handelt.
Text: Caitlin Bamford
Literaturhinweise
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A. von Gerkan – F. Krischen, Thermen und Palaestren. Mit Beiträgen von F. Drexel, K. A. Neugebauer, A. Rehm und T. Wiegand, Milet 1,9 (Berlin 1928)
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K. Tuchelt, Bemerkungen zu den Capito-Thermen in Milet, in: A. M. Mansel (Hrsg.), Mansel’e Armağan. Mélanges Mansel (Ankara 1974), S. 147 – 169
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P. Schneider, in: P. Niewöhner, Milet/Balat. Städtebau und Monumente von archaischer bis in türkische Zeit. Ein Führer (Istanbul 2016), S. 64 – 67