Synagoge
Im südwestlichen Winkel der sog. Löwenbucht, unmittelbar nördlich der Hafenhalle, wurde zu Beginn des 20. Jh. ein Gebäudekomplex freigelegt, der in der Forschung als Synagoge angesprochen wird. Die grob 40 auf 29 m messende Anlage folgte in ihrer Ausrichtung dem Straßenraster und wurde von schmalen Gässchen eingefasst. Die Westmauer baute dabei auf dem Fundament der hellenistischen Stadtmauer auf. Es handelte sich um einen zu allen Seiten abgeschlossenen Komplex, dessen inhaltlicher Kern ein dreischiffiger Saal im Süden bildete. Die Nordmauer der Synagoge wies in ihrem Verlauf einen leichten Knick auf, dem auch die nördliche Säulenreihe zu folgen schien. Das schmale Joch der Säulen weist darauf hin, dass sie von einer Empore bekrönt wurden. Im Zuge der frühen Ausgrabungen konnte außerdem nachgewiesen werden, dass die Synagoge eine massive Umbauphase erlebte, da sie ursprünglich als einschiffiger Raum ohne Binnengliederung errichtet worden war. Darauf deuten zwei kleine Türen in der Ostwand hin, welche im Zuge der Errichtung der Kolonnaden nachträglich von Pfeilern verdeckt wurden. Eine ähnliche Situation lässt sich an der gegenüberliegenden Westwand beobachten, wo sich hinter den Wandpfeilern ursprünglich zwei Nischen befanden. Der Hauptzugang zum neueren Bau erfolgte von Osten, wo sich ein vorgelagertes Eingangsperistyl befand. Der Innenhof des Peristyls war mit einem Plattenpflaster ausgestattet, während der Säulenumgang ebenso wie die Synagoge selbst ein schlichtes Kalksteinmosaik als Fußboden besaß. Die Vorhalle überlagerte mit ihrer Nordwand die Überreste des zum damaligen Zeitpunkt bereits abgetragenen Kleinen Hafenmonuments.
Text: Nadia Cahenzli
Literaturhinweise
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A. von Gerkan, Eine Synagoge in Milet, Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der Älteren Kirche 20, 1921, 177–181
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A. von Gerkan, Der Nordmarkt und der Hafen an der Löwenbucht. Mit epigraphischem Beitrag von A. Rehm, Milet 1, 6 (Berlin 1923) 80–82
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C. Berns, Milet – Palatia, in: S. Ovadya (Hrsg.), Taşlar Kazınan Yahudi Kimliği / Jewish Identity Engraved in Stones (Istanbul 2021) 114–117